Diese Seite drucken

Möbeldesign und Wohnkultur der Moderne

Modern wohnen
Möbeldesign und Wohnkultur der Moderne
Hrsg. Rudolf Fischer und Wolf Tegethoff
Studien zur Architektur der Moderne und industriellen Gestaltung, Bd.3
Herausgegeben vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte München
Gebr. Mann Verlag,
1. Auflage 2016, Berlin
gebunden, 464 Seiten
mit 235 s/w Abb.
Größe: 24,5 x 18 x 3 cm
ISBN 978-3-7861-2761-1

Wie wohnen und der moderne Mensch, so beginnt die Einleitung dieses Bandes, der sich in die Diskussion um das moderne Wohnen einschalten will. Den Anfang machen dabei Orte wie das "Neue Frankfurt" aus den 1920er Jahren. Ebenso wird Bezug genommen auf die Stuttgarter Werkbund-Ausstellung von 1927. Besondere Beachtung in diesem Konzept finden Stahlrohrmöbel, die durch materialschöne Erscheinung und dem Streben nach Rhythmus, Zweckmäßigkeit und Hygiene dominieren. Vorbehalte gegenüber Stahlrohrmöbeln, so die Empfindung, lagen in der häuslichen Umgebung sowie im privaten Bereich. Mies van der Rohe forderte deshalb eine schöpferische Lösung. Das Buch untersucht in 19 Beiträgen die Entwicklung des Neuen Wohnens in den Bereichen des Möbeldesigns, der Wohnkultur sowie der Möbelproduktion von den 1920er bis in die 1950er Jahre.

 

         Leseprobe...

 

Rudolf Fischer fragt nach dieser neuen Wohnkultur bei Mies van der Ruhe und nimmt Bezug auf die Rezeption der Stahlrohrmöbel der 1930er Jahre. Paul Weber erklärt das Haus Kempner van der Rohes und seine Innenraumgestaltung nach 1918. Mathias Winkler beschreibt die Barcelona-Sessel van der Rohes im Kontext zum Berliner Metallgewerbe Jos. Müller. Bernd Dicke befasst sich mit Tisch MR 150. In englischer Sprache ist die Untersuchung des Raumes bei Dietrich Neumann in den neuen Wolkenkratzer Gebäuden bei van der Rohe.

 

Sehr schön dokumentieren bei Rudolf Fischer zahlreiche Zeitungsbelege und Produktlisten anschaulich mit Abbildungen, welche Bedeutung Stahlmöbel in diesen Jahren bekommen sollten. Er fragt nach der Luxusdebatte in Wohnkultur und bei den Arbeitern. Das Scheitern der Flachstahlmöbel stellt weitere Fragen. Stahlmöbel konnten sich nicht in der Allgemeinheit durchsetzen, sie blieben Attribut der Künstler, der Avantgarde und der Bohème. Das musste Folgen haben. Der Briefwechsel zwischen Thonets Büro mit der Deutschen Stahlmöbel GmbH beschreibt die Auseinandersetzung. Die Debatte befasst sich mit neuzeitlichen Möbeln in Fachzeitschriften nach 1933 und beklagt die Folgen nach dem Ausbleiben des Präsent sein. Daraus folgt die Umwertung des Stahlmöbels in seiner Bedeutung während des Nationalsozialismus.

 

Wolf Tegenthoff, der zweite Herausgeber stellt Patentfragen und von den Nöten damit bei Mies van der Rohe, Lilly Reich und Anton Lorenz. Arthur Rüegg besieht sich Möbelwerkverzeichnisse bei le Corbusier. Sebastian Hackenschmidt bezeichnet Sitzen als Verkehrszustand und erkennt die Mobilität der modernen Stahlrohrstühle. Stühle sind in Bewegung und der Freischwinger als Kufenmobil. Daniela Stöppel nimmt Falten, Klappen, Knicke als ästhetische Konzepte in Möbelgestaltung, Architektur und Grafikdesign.

 

Astrid und Christoph Krekel nehmen sich der Herstellungs- und Materialgeschichte von Chromoberflächen an und beschreiben eine Forschungsgeschichte. Magdalena Droste sieht mediale Bildstrategien in Bezug auf Stahlrohrobjekte. Sie setzt dabei gezielt auf die Bedeutung des Bauhaus und seiner Gebäude.

 

Stahlrohrmöbel in der Karikatur von 1928 - 1934 ist das Thema bei Markus Eisen. Christian Demand hat Anmerkungen zur Eigenschaft des Glatten beizusteuern. Hier stellt sich die Sinnfrage in modernem Design. Peter Lepel nimmt Schweizer Typenmöbel und vergleicht diese mit Deutscher Raumkunst. Dahinter steht die Frage nach Stahlrohrmöbeln in der Schweiz. Bei Otakar Máčel nimmt holländische Stahlrohrmöbel. Andreas Nierhaus betrachtet österreichische. Helmut Reuter hat: sich "Wohnräume für eine neue Zeit" und Eduard Ludwig als Möbelentwerfer vorgenommen.

 

Thorsten Critzmann befasst sich mit Friedrich Hirz, ein Mies van der Rohe-Schüler und fragt nach der Architektur der verlorenen Generation. Regine Heß bildet das Schlusslicht, sie setzt sich auseinander mit dem Wohnen in der Nachkriegszeit und den Einfamilienhäusern von Paul Schneider-Esleben. Eine zeitliche Abfolge von den 1920er bis in die 1950er Jahre findet somit statt. Stellt sich die Frage, was ist mit den Jahrzehnten danach, in denen Stahlrohrmöbel aufgrund ihrer ästhetischen Schlichtheit und neuer Herstellungstechnik wieder zu mehr Aufmerksamkeit gelangt sind. Der Band versucht nicht das Bild von den ästhetischen Stahlrohr-Klischees einseitig zu erhärten, sondern setzt sich mit Herstellerfirmen, Produktionsstätten, der Plakatindustrie und dem Umfeld weiterer Beteiligter auseinander, die bei der Findung neuer und zeitgemäßer Wohnideen mithalfen. Die zeitliche Eingrenzung auf die 1950er Jahre ist dann als Vorkriegs- oder Zwischenkriegs- und frühe Nachkriegszeit zu verstehen.

Letzte Änderung am Montag, 26 Februar 2024 21:51
Click me